Bevor der mongolische Präsident Ende Mai in
Deutschland seine Europatour startete, hätte er in seiner Hauptstadt schon ein bisschen
Vorkosten können. "Toast Hawaii", Schweinerückensteak und als Nachtisch
Bratapfel mit Vanillesoße standen unter anderem auf der Speisekarte einer "Deutschen
Woche" im Hotel-Restaurant "Bajangol". Einer, der diese Woche maßgeblich
mit "ausgekocht" hat, ist Horst Hüde. Der 63-Jährige aus Stuvenborn bei Bad
Segeberg kennt die Branche aus dem EffEff. Koch, Restaurantmanager, Konditormeister,
zuletzt 17 Jahre selbständiger Hotelier.
"Vier Vorspeisen, neun Hauptgerichte, etliche Suppen und Desserts hatten wir
serviert", erzählt der Holsteiner. "Manches wurde hier noch nie so angerichtet,
für den Bratapfel war es die nationale Premiere."
In die Mongolei kam der Gastro-Routinier über
den Senior Experten Service (SES), der ihn zuvor auch schon nach Kirgistan und zweimal
nach Bulgarien geschickt hatte. Nach den ersten drei Monaten seines Einsatzes glaubt er,
einige Probleme überwunden zu haben. Andere sind wohl nicht zu meistern.
So kann er sich nicht anfreunden mit dem hiesigen Arbeitsrhythmus. "Ein Tag Arbeit,
wenn auch 14 Stunden, und danach ein Tag frei - damit ist wohl kein dauerhaft hoher
Standard zu erreichen", meint er. Da könne es eben passieren, dass der Gast ein und
dasselbe Gericht an drei Tagen mit drei anderen Nuancen bekommt.
Für die Vorbereitung der "Deutschen
Woche" trat der Deutsche zwar in einem privaten TV-Sender auf, "aber man hätte
viel mehr Öffentlichkeitsarbeit machen können, zum Beispiel mit hier relativ stark
vertretenen deutschen Geschäftsleuten oder gar mit der Presse."
Von den Mitarbeitern aus Hotel und Restaurant hat der Routinier aus dem nördlichsten
Deutschland differierende Eindrücke. "Wenn Stoßzeit ist, klotzen die tüchtig ran.
Aber die Zeit mit weniger Gästen wird noch schlecht genutzt für Vorbereitungen auf den
nächsten Schub", erzählt er. "Da flaut der Service wieder ab." Der
Hintergrund ist nach seiner Auffassung das niedrige Lohnniveau. "Das Peronal in
Küche und Service bekommt wohl umgerechnet gerade mal 50 Dollar pro Monat.
" Flambieren und Tranchieren am Tisch sei hier noch unbekannt, so Hüde. "Aber
für die Show, die eben in unserem Gewerbe dazu gehört, fehlen noch die fachlichen und
materiellen Voraussetzungen."
Negativ wirke sich auch aus, dass es noch keine Fachhochschule für die Gastronomie gibt.
"In den Restaurants sind die meisten drei Wochen angelernt worden und mussten dann
eine Prüfung machen, über deren Ergebnis andere mongolische Gastronomen zu entscheiden
hatten." Was die Ausbildung betrifft, hat er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg
gehalten und hat bei Verantwortlichen einer übergeordneten Behörde Vorschläge
unterbreitet.
Sein Gang ins Lager brachte eine andere wichtige Erkenntnis: Es werde wohl nicht richtig
eingekauft, weil mehrere Einkaufsmanager aneinander vorbei arbeiten. "Seit anderthalb
Jahren lagern dort 3.000 Portionen getrockneter Grünkohl und 5.000 Portionen getrocknete
Kartoffeln", sagt er. "Grünkohl ist hier überhaupt nicht bekannt, und bei
Engpässen sind Kartoffeln auch aus China schnell rangeschafft, wie überhaupt die meisten
Zutaten von dort geliefert werden." Dass die Trockenware aus Deutschland stammt,
verdrießt ihn. "Da muss ein sehr gerissener Geschäftsmann am Ball gewesen sein, der
den Mongolen das angedreht hat."
Für den Senior aus Stuvenborn bei Bad Segeberg ist Ende dieses SES-Einsatzes absehbar. Dann sind die großen Abschlussfeiern der Oberschulen vorbei, und die Touristensaison läuft auf Hochtouren. Vielleicht organisieren die Gastgeber für den Holsteiner, dessen Wiege in Hamburg stand, noch einen Ausflug in die Steppe. Dort bereiten die Hirten gern den "Jamaanij Boodog" zu, soll heißen: der Ziege werden die Eingeweide entnommen, von außen wird sie geschoren und abgesengt und von innen wird sie mit heißen Steinen gegart. Und in jeder beliebigen Provinzhauptstadt wird der Deutsche die Erfahrung machen: Die Hauptstadt ist weit (voraus).
"Fest steht noch gar nichts", erwidert Horst Hüde auf die Frage, ob die Mongolei nun abgehakt ist. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) hat jedenfalls schon mal angefragt, ob er als Dozent zur Verfügung stünde, wenn hier in der Hauptstadt eine Hotelfachschule Personal mit europaeischem know-how brauchen wird.
Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Hugo
Kröpelin, News Stories Photos aus Berlin und Brandenburg
(Juni 2000)
MongoleiOnline
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Last Update: 03. Januar 2022