Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Neues aus der Mongolei
vom 9. bis 15. August 2004

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar


Nach der Wahl Enkhbayars (Mitte) zum Vorsitzenden des Großen Staatskhurals

Nambaryn Enkhbayar zum Vorsitzenden des Großen Staatskhurals gewählt
Endlich. Am Freitag, dem 13., wurde Ministerpräsident Nambaryn Enkhbayar zum neuen Vorsitzenden des Großen Staatskhurals gewählt. Er erhielt alle Stimmen der 69 anwesenden Abgeordneten, auch die von L. Gundalai, seinem Widersacher der letzten vier Jahre.
Präsident Natsagiin Bagabandi bestätigte die Wahl, der Abgeordnete Demberel, der bis dahin den Parlamentsvorsitz innehatte, räumte seinen Platz. Zuvor war Enkhbayar von seiner Funktion als Ministerpräsident entbunden worden.
Bis zur Wahl des neuen Ministerpräsidenten führt Wirtschafts- und Finanzminister, Ch. Ulaan, die Geschäfte.
Fast zwei Monate sind vergangen, seit die Mongolen ihr neues Parlament gewählt haben. Nicht zum ersten Mal bereiteten die Wähler allen Beobachtern und wahrscheinlich auch sich selbst eine faustdicke Überraschung: Für die regierende Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) wurde ein glatter Sieg vorhergesagt. Doch es kam anders. Das Wahlbündnis aus Demokratischer Partei (DP), Mutterland – Demokratischer Neuer Sozialistischer Partei (MDNSP) und Bürgermut-Partei – Mutterland – Demokratie-Koalition (MDK), errang 34 Sitze, wobei zwei Wahlkreise noch umstritten sind. 36 Sitze gingen an die MRVP, drei an unabhängige Kandidaten und einer an den Vorsitzenden der Republikanischen Partei (RP), J. Jargalsaikhan.
Nach einigem Hin und Her – Demonstrationen, lautstarken Protesten beider Seiten, bis hin zu Prügeleien auf offener Straße – berief Präsident Bagabandi die erste Sitzung des neu gewählten Parlaments für den 26. Juli ein.
Bei der Wahl ihres Vorsitzenden ließen sich die Abgeordneten Zeit.
Zwar einigten sich beide Lager auf Anregung des Präsidenten, eine Koalitionsregierung zu bilden und jeweils der Nominierung des Khuralvorsitzenden durch die MRVP sowie des Ministerpräsidenten durch die Demokratie-Koalition zuzustimmen, doch die Streitereien innerhalb der Parteien und zwischen den Lagern bestimmten zunächst die Verhandlungen.


Erdenebat (MDNSP). oben Mitte. 11.08.04

Vereinbarungen wurden getroffen und unterschrieben, um zu Makulatur zu werden, weil Mitglieder des Führungszirkels der MDK Widerspruch anmeldeten. Den Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen, als am Mittwoch, dem 11. August, der Vorsitzende der MDNSP, B. Erdenebat, die Bürgermutpartei als „Wahlunterstützerin" für die Koalition bezeichnete, sie jedoch nicht als eigenständiges Subjekt innerhalb des Bündnisses sehen wollte. Die Partei hätte den Bündnisvertrag nicht unterschrieben. Gleichzeitig kritisierte er die Bildung der MDK - Fraktion mit S. Oyun, Vorsitzende der Bürgermutpartei, an der Spitze, vor der Wahl des Parlamentsvorsitzenden als illegal. Damit sprach er Oyun auch das Recht ab, für die MDK zu sprechen.
Oyun hatte einige Tage zuvor M. Enkhsaikhan, Vorsitzender der DP und der MDK als Sprecherin abgelöst. Nichtsdestotrotz nahm Enkhsaikhan an allen Verhandlungen, auch mit der MRVP, teil und bleibt Vorsitzender seiner Partei und des Wahlbündnisses.
Parlamentsvorsitzender Enkhbayar dankte seinen Kollegen für das Vertrauen und kündigte die Fortsetzung der Sitzungsperiode für Montag, den 16. August an. Dann sollen seine Stellvertreter, die Ausschussvorsitzenden, deren Stellvertreter sowie der Ministerpräsident – die MDK hat Exministerpräsident Ts. Elbegdorj nominiert, gewählt werden.


MRVP-Abgeordnete

Auf einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag verwies der neu gewählte Vorsitzende des Großen Staatskhurals, N. Enkhbayar, auf das Neue der politischen Situation – eine Große Koalition hätte es in der Geschichte der Mongolei noch nicht gegeben. Das Aushandeln der Verträge, die Formulierung des Regierungsprogramms, die Bildung einer Regierung erforderten Zeit, Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick.
Die Mongolen und ihre Politiker hätten bewiesen, dass im Land stabile demokratische Verhältnisse herrschen.
Inwieweit die drei Unabhängigen, darunter das ehemalige Mitglied der DP und Exministerpräsident Amarjargal sowie der einzige Abgeordnete der Republikanischen Partei, der Kaschmirunternehmer Jargalsaikhan, an der Regierungsbildung beteiligt werden, steht nicht fest. Nötig hätten es die beiden „Großen" nicht.

Statistik Juli 2004
Die Angaben beruhen auf den veröffentlichten Zahlen des Nationalen Amtes für Statistik für Juli 2004.
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2004 erreichte die Industrieproduktion einen Wert von 147,6 Milliarden Tugrug, das sind 6,1 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Die Zahl der offiziell arbeitslos Gemeldeten betrug 37 200, 103 weniger als im Juli 2003.
54,5 Prozent der Arbeitslosen sind Frauen.
In den 1038 (Ulaanbaatar 195, Land 843) wirtschaftlichen Einheiten und Organisationen sind insgesamt 151 900 Menschen beschäftigt, ihr Durchschnittslohn beträgt monatlich 95 000 Tugrug, 12,8 mehr als im Vorjahr. Das Durchschnittsgehalt der Männer (99 200Tgr.) übersteigt das der Frauen um 8 400 Tugrug.
Das Außenhandelsvolumen beläuft sich auf 950 Millionen US-Dollar, davon entfallen auf den Export 378,1 Millionen. 57,5 Prozent der Exportgüter gingen nach China, 19,2 Prozent in die USA. Beim Import entfallen 30,8 Prozent auf Russland und 26,8 Prozent auf China.
In der Mongolei arbeiten acht Internetdienstleistungsanbieter, es gibt 120 Internetcafes und 13 000 Mongolen, die regelmäßig das Internet nutzen. 368 000 verfügen über ein Handy und 19 000 über schnurlose Telefone.
Bis zum Juli wurden 26 100 Kinder geboren, 260 weniger als bis zum Juli des Vorjahres.
25 Mütter verloren bei der Geburt ihr Leben, 594 Kinder starben vor Vollendung ihres ersten Lebensjahres.
Laut Kriminalpolizei wurden 11 538 Verbrechen begangen, 668 weniger als im Vorjahr.
1 331 Menschen starben durch Fremdeinwirkung, das sind mehr (Zahlen wurden nicht genannt) als im Vorjahr.
Von den 10 400 Verdächtigen und Angeklagten waren 938 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, 964 Frauen.
Die höchsten Temperaturen wurden mit 41,0 Grad im Tes-Sum des Uvs-Aimags, in Choibalsan (Dornod-Aimag) und im Orkhon-Sum des Selenge-Aimags gemessen.
Am kältesten war es im Bayanbulag-Sum des Bayankhongor-Aimags: Hier wurden – im Juli! - minus vier Grad gemessen.

Die Mongolei – ein Rinderpest freies Land
Auf ihrer 72. Tagung hat die Weltorganisation für Veterinärmedizin die Mongolei erstmals zum rinderpestfreien Land erklärt.
Nach 1992 ist die Krankheit nicht mehr aufgetreten. Davor gab es Fälle in den Grenzaimags zu Russland, Dornod und Uvs.
Mongolische Experten hoffen, dass der Beschluss positive Auswirkungen auf den Fleisch- und Lebendviehexport der Mongolei haben wird.

65 Jahre Schlacht am Khalkhyn Gol
Aus Anlass des 65. Jahrestages der Schlacht am Khalkhyn Gol (nach anderer Lesart der Schlacht bei Nomin Khan) wird der Denkmalkomplex zu Ehren der mongolisch-sowjetischen Waffenbrüderschaft im Khalkhyn-Gol-Sum im Dornod-Aimag generalüberholt. Einen Monat sollen die Arbeiten dauern.
Am 13. August fand im Gebäude des Außenministeriums in Ulaanbaatar ein internationales Symposium statt, an dem Veteranen und der Generalstabschef der mongolischen Streitkräfte, Ts. Togoo, der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, S. Baasankhuu, und Militärhistoriker sowie Vertreter Russlands und Japans teilnahmen.
Japaner und Russen diskutierten u. A. um Begriffe: In russischen und mongolischen Geschichtsbüchern ist von „Schlacht" und „Krieg" die Rede, in japanischen wird von einem „Grenzkonflikt" gesprochen. Professor Ganbold hielt dem entgegen, für die Mongolei sei es in jedem Fall ein Krieg gewesen.
Von den beteiligten mongolischen Soldaten leben noch 318. Sie und etwa 40 Vertreter Russlands, Burjatiens, Kasachstans, Weißrusslands und der Ukraine werden zu den Gedenkfeierlichkeiten im Dornod-aimag im herbst erwartet.

MoneyGram in der Mongolei
Am 05. August unterzeichneten die Repräsentanten von MoneyGram International Limited, einem renommierten Institut für internationalen Geldtransfer und der mongolischen Handels- und Entwicklungsbank einen Vertrag über die Erweiterung ihrer strategischen Partnerschaft.
Zurzeit bietet die Entwicklungsbank in 105 Filialen ihrer Kooperationsbanken (Mongolische Postbank, Capitron Bank, Anod Bank, Khas Bank, Erel Bank, Inter Bank, Sparkasse und Capital Bank) den Geldtransferservice an.
Als sehr nützlich erweise sich dieses Angebot für im Ausland lebende Mongolen, die Geld in die Heimat überweisen. Um eventueller Geldwäsche vorzubeugen, darf der Überweisungsbetrag 10 000 US-Dollar nicht übersteigen.
Seit diesem Jahr bietet MoneyGram in der Mongolei die Möglichkeit von Geldüberweisungen per Internet (über Yahoo) an.

Türkische Kulturdenkmäler in der Mongolei
Auch im nächsten Jahr gehen die Forschungsarbeiten an den türkischen Geschichts- und Kulturdenkmälern in der Mongolei weiter. Das haben das Türkische Amt für Internationale Zusammenarbeit und das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft der Mongolei vereinbart.
Mongolische und türkische Wissenschaftler haben die archäologischen Erkundungs- und Restaurierungsarbeiten am Bilge-Khaan-Komplex (Arkhangai-Aimag) fast abgeschlossen.
Besonderes Augenmerk richten die Gelehrten auch auf die Kultegin-Denkmäler? im Delgerkhan-Sum im Zentralaimag und im Arkhangai-Aimag, einen Kilometer vom Bilge (Mogiljan) – Komplex entfernt.
Vom 18. – 22. August wird ein Mitarbeiter des Anatolischen Museums für Zivilisation in Ulaanbaatar Vorlesungen und Seminare über „Die Rolle der Museen bei der Bewahrung des kulturellen Erbes" abhalten.

Ferienlager werden überprüft
Der Verwaltungsrat von Ulaanbaatar hat im Zusammenhang mit der Erkrankung mehrerer Kinder an Gelbsucht und anderen Infektionen während ihres Aufenthaltes in Sommerlagern personelle Konsequenzen angekündigt.
Acht der 18 Sommerlager werden von einem Management geleitet, das auf Vertragsbasis arbeitet. Die Verträge mit einigen der Anbieter werden mit Sicherheit nicht verlängert, verlautete aus der Stadtverwaltung Ulaanbaatar.

Mongolische Fahne weht im Himmel über Athen
Am 11. August, zwei Tage vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen, wurde in einer feierlichen Zeremonie die mongolische Staatsflagge gehisst.
Ts. Damdin, der Chef des Nationalen Olympischen Komitees leitete die mongolische Delegation.
Die Berichte der Korrespondenten aus Athen bezüglich des Wetters stimmen die Mongolen nicht optimistisch: Sehr heiß und sehr schwül. Drei Tage benötigte der Mensch, um sich einigermaßen auf Klimaänderungen einstellen zu können.

„Frauenhaus"
Vom 11. – 18. August zeigt die junge mongolische Malerin J. Munkhtsetseg 20 ihrer Werke in der Kunstgalerie des Mongolischen Künstlerverbandes.
Die Ausstellung trägt den Titel: „Frauenhaus".
Es ist die siebente Ausstellung ihrer Bilder, unter anderem waren Werke Munkhtsetsegs in Japan und New York zu bewundern.


Informationen zur Mongolei:
MongoleiOnline
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Last Update: 04. Januar 2024