Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Neues aus der Mongolei
23. bis 29. Oktober 2006

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar


Blick auf Ulaanbaatar mit Panzerdenkmal am Fuße des Zaisan-Hügels

Misstrauensvotum gescheitert
Nach einer zweitägigen Debatte lehnten die Abgeordneten des Großen Staatskhurals am Donnerstag, den 26. Oktober, mehrheitlich den Misstrauensantrag der oppositionellen Demokratischen Partei (DP) gegen die „Regierung der Nationalen Solidarität" unter Ministerpräsident Mieegombogiin Enkhbold (MRVP) ab.
46 der anwesenden 68 Abgeordneten stimmten gegen, 22 für den Antrag.
Der Vorsitzende des DP-Rates im Großen Staatskhural, Luimediin Gansukh, begründete den Antrag mit dem Fehlen eines Regierungsprogramms, fehlender Kompetenz einiger Regierungsmitglieder, mangelnder Kabinettsdisziplin, wachsender Korruption und dem Verrat an den Interessen des mongolischen Volkes durch die willkürliche Vergabe von Bergbaulizenzen an ausländische Investoren.
In der zum Teil sehr kontrovers, emotional und unsachlich geführten Debatte – es fielen Worte wie „Stadtjüngelchen", „Verräter", „Gauner" - warfen sich die Abgeordneten, die meisten Kabinettsmitglieder sind gleichzeitig auch Parlamentsmitglieder, vor, Staatsgelder in die eigene Tasche umgeleitet zu haben, das Land zu spalten, in Arme und Reiche, in Land- und Stadtbebewohner.
Die Regierung konnte die günstigen Wirtschaftsdaten (8 % Wirtschaftswachstum, Überschüsse im Staatshaushalt und im Außenhandel), Lohn- und Rentenerhöhungen, Kinder- und Ehegeldzahlungen sowie gute Noten seitens der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank für sich verbuchen.


Nach der Abstimmung über den Rücktrittsantrag. B. Jargalsaikhan

Der Demokratischen Partei ging es erklärtermaßen nicht um die Möglichkeit, selbst in der Regierung vertreten zu sein. Sie wollte die MRVP zwingen, eine Alleinregierung zu führen. Der jetzigen Regierung gehören außer MRVP-Mitgliedern, die Vorsitzenden der Mutterlandpartei, der Republikanischen Partei, der Volkspartei und der Neuen Nationalpartei an. Die beiden letztgenannten Parteien sind Abspaltungen der Demokratischen Partei.
Die Angriff der DP-Fraktion richteten sich deshalb vor allem gegen Gesundheitsminister Gundalai (Volkspartei), Energieminister Erdenebat (Mutterlandpartei), Industrieminister Jargalsaikhan und Shadar Said Enkhsaikhan, ehemals Spitzenpolitiker der DP und jetzt Vorsitzender der Neuen Nationalpartei. Angriffspunkte (fehlende Kabinettsdisziplin, selbstherrliche Personalpolitik) haben die drei erstgenannten zur Genüge geboten, doch sie wussten sich zu wehren. Erfolge in der Gesundheitsvorsorge, Verbesserungen bei der Energieversorgung und mehr Arbeitsplätze in der Industrie, führten sie zu ihren Gunsten an.
Die Mehrheitsverhältnisse im Großen Staatskhural sind kompliziert. Die MRVP-Fraktion verfügt zwar über 39 Sitze, einer davon stammt jedoch von einem Mutterlandparteiüberläufer.
Neuer Streit über die Rechtmäßigkeit einer MRVP-Alleinregierung wäre also vorprogrammiert.
Der Vorsitzende des Großen Staatskhurals, Tsendiin Nyamdorj, ermahnte die Regierung in seinem Schlusswort, die geäußerte, zum Teil berechtigte Kritik ernst zu nehmen und Fehlleistungen zu korrigieren. Es könne nicht sein, dass ein Minister einen im Kabinett gemeinsam gefassten Beschluss später im Parlament torpediert. Auch ließe der Umgang der Regierungsmitglieder mit den Abgeordneten zu wünschen übrig. Der Große Staatskhural sei kein „Organ" der Regierung oder dieser rechenschaftspflichtig. Die Abgeordneten seien einzig und allein dem Wähler verpflichtet.

Präzisierung des Staatshaushaltes gefordert
Die DP hat Präzisierungen im Staatshaushalt 2006 gefordert.
Die günstige Kassenlage müsse dafür genutzt werden, das monatliche Kindergeld auf 10 000 Tugrug, rückwirkend ab 01. Juli 2006, zu erhöhen, die Luftverschmutzung in Ulaanbaatar zu verringern, der Verwüstung Einhalt zu gebieten sowie eine stabile Energieversorgung zu sichern.
30 Milliarden Tugrug sollten für die Ausstattung ländlicher Haushalte mit Sonnenkollektoren bereit gestellt werden.


Ger auf der Kreuzung Friedensstraße, Chinggis-Avenue, Sukhbaatar-Straße

Vorsitzende des Freien Seniorenbundes verhaftet
G. Baasan, die Vorsitzende des Freien Bundes der Senioren, wurde am 25. Oktober, gegen 17:00 Uhr, vor dem Gebäude der Industrie- und Handelskammer in Ulan Bator verhaftet.
Als Grund vermuten ihre Mitarbeiter die Aktivitäten des Bundes in Vorbereitung der Großen Volksversammlung. Diese Versammlung ist für den 06. November angekündigt. Initiatoren und Organisatoren sind verschiedene Bürgerbewegungen und -gruppen, darunter die Nationale Soyombo-Bewegung.
Die Polizei des Chingeltei-Distrikts begründete die Festnahme mit "Angriffen gegen Polizisten".
Am 26. Oktober demonstrierten Anhänger und Mitglieder des Freien Seniorenbundes für die sofortige Freilassung von Baasan auf dem Sukhbaatarplatz. 
Die Proteste gipfelten am Abend des 26. in der von den Demonstranten veranlassten Sperrung einer der wichtigsten Straßenkreuzungen der mongolischen Hauptstadt..
Auf der Kreuzung wurde ein Feuer entzündet, ein Ger aufgestellt. Die Forderung der Demonstranten, an ihrer Spitze die „Front Ehrlicher Bürger" und die Grünen: Freilassung von G. Baasan.
Die Wachen an den Eingängen des Regierungspalastes waren verstärkt worden, die am Sukhbaatarplatz vorbeiführende Straße wurde für den Fahrzeugverkehr gesperrt.
In der Nacht zum 27. räumte die Polizei gewaltsam die Kreuzung. Es gab Verletzte auf beiden Seiten, drei Journalisten der „Udriin Sonin" wurden ebenfalls verletzt, ihr 1 000-Dollar –Fotoapparat ging entzwei, andere Zeugen berichten, er sei von den Polizisten beschlagnahmt worden.
Fünf Personen, darunter zwei Journalisten und der Vorsitzende der „Front Ehrlicher Bürger", G. Arslan, wurden vorübergehend festgenommen. Sie seien geschlagen und beleidigt worden.
Die Polizeidienststelle des Sukhbaatardistrikts bestreitet das.
G. Baasan wurde gegen Zahlung von 20 000 Tugrug aus der Haft entlassen.
Der Vereinigte Verband der Mongolischen Journalisten hat gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte und die eklatante Verletzung der Pressefreiheit protestiert.


V.l. P. Mehta, Th. Dorji, L. Gundalai, P. Rao

Erste Asien-Pazifik-Regionalkonferenz über HIV-Prävention in Ulaanbaatar eröffnet
Vom 24.-27. Oktober trafen sich in Ulaanbaatar Gesundheitspolitiker, Repräsentanten von nationalen und internationalen Regietungs- und Nichtregierungsorganisationen sowie von internationalen Hilfsorganisationen auf der Ersten Asien-Pazifik-Regionalkonferenz, über Möglichkeiten der HIV-Vorbeugung, -behandlung und über die Betreuung betroffener Bürger zu beraten.
An der Konferenz nahmen 200 Delegierte aus zehn Ländern „mit einer geringen AIDS-Infektionsrate" teil: Bangladesh, Malaysia, Malediven, Sri Lanka, Bhutan, Philippinen, Nordkorea, Fiji, Laos und die Mongolei.
Das Gesundheitsministerium der Mongolei, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben die Veranstaltung gemeinsam organisiert.
Ministerpräsident M. Enkhbold drückte in seinem Grußwort die Hoffnung aus, dieses Meeting möge dazu beitragen, ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität, Aufklärung, Vorbeugung und Schutz  zu entwickeln. Das sei nicht nur für die Gesundheit des Einzelnen, sondern der Gesellschaft von Bedeutung. Die Mongolei und ihre Bürger seien stolz, dass diese bedeutende Konferenz in der Hauptstadt der Mongolei stattfinde.
J. V. R. Prasada Rao, der Direktor des Gemeinsamen HIV/AIDS-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS) für die Asien-Pazifik-Region, forderte die Regierungen auf, der HIV-Problematik noch  mehr politische Unterstützung zu gewähren.
Pratibha Mehta, die UNDP-Repräsentantin in der Mongolei und Gesundheitsminister L. Gundalai, dankten den Organisatoren und den freiwilligen Helfern für ihr Engagement bei der Vorbereitung und der Durchführung der Konferenz. Die Erfahrungsberichte bereits infizierter Menschen aus verschiedenen Ländern der Region und die Möglichkeit, voneinander etwas über Strategien bei der Bekämpfung des Virus, über die spezifischen Bedürfnisse, Mängel und Aktionen zu lernen, waren wertvoll für die weitere Arbeit aller beteiligten Organisationen.
Die Teilnehmer verabschiedeten den „Aktionsaufruf – UB 2006", der Empfehlungen an die Regierungen und die Zivilgesellschaften enthält, wie der allgemeine Zugang zur HIV-Vorbeugung und –behandlung gewährleistet werden kann.

VIII. Kongress der Stadtverordnetenversammlung von Ulaanbaatar
Am 24. Oktober versammelten sich die Stadtverordneten Ulaanbaatars zu ihrem VIII. Kongress.
Dieses Ereignis nahm die Nationale Soyombo-Bewegung zum Anlass, den Oberbürgermeister, Ts. Batbayar, und die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, N. Bolormaa, aufzufordern, den 2005 geschlossenen Vertrag „Lösung der strittigen Bodenfragen" zu erfüllen. Bisher sei nichts geschehen. Die „Soyombo-Bewegung" erwarte bis zum 01.11. Antworten und Entscheidungen.
Insgesamt geht es um 23 Objekte in den Stadtbezirken Bayangol, Bayanzurkh, Chingeltei und Sukhbaatar.

Wer wird neuer Eigentümer der Sparbank?
Die bevorstehende Privatisierung der Sparbank wird als ein Gradmesser dafür angesehen, wie ehrlich es die Enkhboldregierung mit der Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft meint.
Bisher haben zehn in- und ausländische Unternehmen ihr Interesse angemeldet.
Das Komitee für Staatliches Eigentum forderte als Mindestpreis 12 Milliarden Tugrug.
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Bank nach Steuern einen Gewinn von 0,5 Milliarden Tugrug.
An der Ausschreibung beteiligen dürfen sich nur private Unternehmen, die mindestens fünf Jahre Erfahrung im Bankgeschäft haben und über mindestens 20 Millionen Dollar Eigenkapital verfügen.
Beworben haben sich: Die Handels- und Entwicklungsbank, die russische „Sojusbank", das Bankenkonsortium „Chinggis-Khaan", die Bankengruppe von Sumoringer D. Batbayar und „Emperor" Hongkong, die Außenhandelsbank der Russischen Föderation, die japanische „Producer Media Corporation", „Monnis", die Anodbank, das Bankenkonsortium „Kapitron" und die amerikanische „ATD". Die russische Außenhandelsbank hat mittlerweile ihr Gebot zurückgezogen – sie gehört zu 99,9 Prozent dem Staat.
Die Entscheidung über den neuen Eigentümer der Sparbank soll am 02. November bekannt gegeben werden.

Mongolisch - Amerikanisches Absolvententreffen
Auf Initiative des Bildungsberatungszentrums und der Botschaft der USA in der Mongolei findet am 28. Oktober das „Erste Forum der mongolischen USA-Absolventen" in Ulaanbaatar statt.
Mongolische Amerikarückkehrer werden eine Fotoausstellung vorbereiten, über ihre Erfahrungen und Eindrücke sowie ihren Beitrag zum mongolischen Wirtschafts- und gesellschaftlichen Leben berichten.

Bittgebete an Megjid Janraisig (sanskr. Avalokiteshvara)
Anlässlich des 10. Jahrestages der Wiederaufstellung der Janraisig-Statue in einem eigens dafür errichteten Tempel auf dem Gelände des Gandanklosters, versammelten sich am 27. Oktober Gläubige, Lamas und Klostervorsteher zum gemeinsamen Gebet.
Erbeten wurden ein Winter ohne Zud, ein Sommer ohne Dürre, Wohlergehen für alle.
An den religiösen Zeremonien im Gandankloster nahm auch Präsident Nambaryn Enkhbayar teil, der ein Mandala errichtete.

Russischer Wasserzirkus in der Mongolei
Die Wintersaison des Mongolischen Staatszirkus wird mit Darbietungen des weltberühmten Wasserzirkus der Russischen Föderation eröffnet.
Ende Oktober werden die Artisten mit ihren Tieren – vier Seelöwen, zwei Riesenschlangen, eine Eidechse, ein Krokodil, acht dressierte Katzen, 14 dressierte Tauben - und der 40 Tonnen schweren Ausrüstung von Irkutsk über Altanbulag in die Mongolei einreisen.
Der Aufbau des Wasserbassins mit einer zehn Meter hohen Wasserfontäne beginnt am 29. Oktober.
Für den ersten Teil der Vorstellung wird die Manege halbiert in einen „Wasser- und Landteil", im zweiten Teil verwandelt sich die Bühne in einen „Ozean".
Nach dem Gastspiel des russischen Zirkus laden die Artisten des mongolischen Staatszirkus zu ihren Vorstellungen.
Zum Zirkus gehören Bären, Wölfe, Pferde, Yaks, Kamele und Hunde, insgesamt 60 Tiere.
Anfang November werden drei „Körperverdrehungskünstler"paare an einem Zirkuswettbewerb in China, im nächsten Jahr mongolische Künstler am Zirkusfestival in Monte Carlo teilnehmen. Im vergangenen Jahr gewannen hier drei mongolische „Schlangenmädchen" die Goldmedaille im Nachwuchswettbewerb.

Premiere für den ersten mongolischen Thriller
„Divaajin" – Paradies - heißt der erste mongolische Horrorfilm, der am 26. Oktober im Kino „Tengis" in Ulaanbaatar seine Premiere erlebte: Ein junger Mann, der sich im Wald verirrt hat, zerdrückt einen Schmetterling in seiner Hand, worauf ein fürchterliches Gewitter losbricht, der unaufhörliche Regen verwandelt die Landschaft in einen Sumpf….
Drehbuchautoren, Regisseur, Produzentin und Darsteller sind junge mongolische Künstler, die ihren Film mit Hilfe modernster Kinotechnik produziert haben.
Der Kassenknüller „Unselt" – Der Kuss, ein Erotikdrama, war der erste mongolische Spielfilm, der im HDV-Format hergestellt wurde.

Drogenhandel
B. Batbayar („Baavar"), der Chef der mongolischen Hip-Hop-Gruppe „Digital" und andere Bandmitglieder werden beschuldigt, Drogen aus China in die Mongolei geschmuggelt zu haben.
Bisher wird gegen zwei Gruppen, insgesamt 20 Personen, ermittelt, die seit August 2005 mehrere Male Drogen über die chinesisch-mongolische Grenze geschmuggelt haben sollen.


   

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