Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:
von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar, Berlin
Großer Staatskhural bestätigt Sanjiin Bayar als
Ministerpräsident
Auf der Sitzung des Großen Staatskhurals am
22. November wurde Sanjiin Bayar als 25. Ministerpräsident der Mongolei
bestätigt.
Die Mitglieder seiner Regierung sollen bis zum Abend des 25. November berufen
werden, bevor Präsident Enkhbayar am 26. seine Auslandsdienstreise antritt, die
ihn in die VAE, nach Kuwait und Katar führen wird.
Tag der Verfassung
Am 26. November jährt sich zum 83. Mal der
Tag, an dem auf dem Ersten Großen Staatskhural* die erste Verfassung der
Mongolei verabschiedet und die Mongolische Volksrepublik proklamiert wurde.
77 Delegierte aus den vier Khalkh-Aimags, den Altai- und Khuvsgul-Khoshuus, der
Streitkräfte sowie des Ikh Shav’ (Verwaltungseinheit des ehemaligen
Bogd-Gegeen-Besitzes) hatten sich seit dem 08.11.1924 in der Hauptstadt
versammelt, um über die zukünftige Staatsform und die Regierungspolitik
abzustimmen.
Der Tod des VIII. Bogd-Gegeen (Oberhaupt der lamaistischen Kirche und seit 1911
auch Staatsoberhaupt) im Mai 1924 erleichterte den von der Komintern und der
Partei der Bolschewiki forcierten Übergang von der konstitutionellen Monarchie
(seit 1921) zur Volksrepublik nach sowjetischem Muster.
Der 26. November ist seitdem offizieller Feiertag, seit der politischen Wende
1992 wird er als „Tag der Verfassung" oder „Tag der Republik" begangen und ist
arbeitsfrei.
*Bezeichnung für das mongolische Parlament nach 1924, wurde später in Großer Volkskhural umbenannt, seit 1992 wieder Großer Staatskhural.
Botschafter T. Galbaatar in seinem Büro. Gemälde Wintertag in der Mongolei von
U. Yadamsuren. 1964
Gespräch mit Dr. T. Galbaatar, Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Mongolei in der BR Deutschland am 16.11. 2007 in Berlin
Wie schätzen Sie die aktuelle politische
Situation in der Mongolei nach dem MRVP-Parteitag und den
Rücktrittserklärungen von Regierung und Ministerpräsident ein?
Der Große Staatskhural hat die
Rücktrittsgesuche angenommen, Sanjiin Bayar wurde als Ministerpräsident
vorgeschlagen und darüber wird jetzt im Parlament diskutiert.
Das ist normal in einer parlamentarischen Demokratie und stellt kein Problem
für die Kontinuität der Regierungsarbeit dar.
Die MRVP hat den größten Beitrag für das Regierungsprogramm geleistet und
verteidigt das Erreichte. Aufgabe der Opposition ist es, zu kritisieren und
Forderungen zu stellen.
Ja, die Demokratische Partei hat es abgelehnt, in die neue Regierung
einzutreten.
Es wird aber wohl eine Koalitionsregierung zustande kommen.
Nach den Wahlen 2004 verfügte die MRVP über 38 Sitze, einer kam später durch
einen Parteiübertritt hinzu.
Laut Verfassung zählt jedoch für die Fraktionsstärke das offiziell bestätigte
Wahlergebnis. Die Mehrheit der MRVP ist also nicht unbedingt als komfortabel
zu bezeichnen.
Eine Koalition erscheint mir als der gangbarere Weg.
Worin sehen Sie die Ursachen für das zunehmende
politische Desinteresse der Mongolen?
Ja, das wäre bedauerlich und sollte uns
beunruhigen. Wir waren immer sehr stolz auf die hohe Wahlbeteiligung in den
letzten 17 Jahren.
Trotzdem zeigen die regelmäßig veröffentlichten Umfragen, dass das Interesse
am politischen Geschehen im Land nicht geringer geworden ist.
Immer mehr Gruppen artikulieren ihre Interessen, ihre Vorwürfe und stellen
eigene Konzepte vor.
Korruptionsvorwürfe sind ein ernst zu nehmendes Problem, besonders für die
größeren Parteien. So erreicht die MRVP in den jüngsten Umfragen nur noch
Werte von 29 Prozent, die DP bringt es auf 31 Prozent.
Der Wechsel von der Großen Koalition zur Regierung der Nationalen Solidarität
2006 bescherte der Regierung und der MRVP einen schweren Stand im Großen
Khural, aber auch in der Zivilgesellschaft. Das wiederum zeugt aber gerade von
einer entwickelten Demokratie und sollte eigentlich als Erfolg gewertet
werden. Die Bürger verstehen immer besser, dass sie „eine richtige Politik
verlangen können". Bis 2004 hat es das so in der Mongolei nicht gegeben.
Institutionen wie ein modernes Gerichtswesen, freie Medien tragen zur
politischen Bildung der Bevölkerung bei.
Voraussetzung ist natürlich immer ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein
aller Beteiligten, der Politiker, Bürger und der Journalisten.
Welche Bedeutung hat das Datum 26. November - der
Tag der Proklamierung der Volksrepublik - heute?
Das Datum hat nichts an Bedeutung
verloren. Im Gegenteil.
Wir begehen heute diesen Tag mit mehr Verständnis als in den Jahrzehnten
zuvor. Nicht nur ist der 26. November ein arbeitsfreier Feiertag geworden.
Eine Reihe von Veranstaltungen zu Themen wie Demokratie und Menschenrechte,
über unsere Möglichkeiten, an politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben
sowie die Auseinandersetzung um Ziele und die Wege zu ihrer Verwirklichung,
tragen zur Motivierung der Menschen bei, ihre Interessen wahrzunehmen. Seit
1924 wurde alle vier Jahre gewählt. In der Verfassung von 1924 wurden die
Mongolen erstmals als Subjekt behandelt, Sätze wie „Die Macht gehört dem
Volk", „Alle Menschen sind gleich" setzten sich allmählich in den Köpfen fest
und führten letztendlich mit dazu, die Ideen von Freiheit, Demokratie und
Gleichberechtigung durchzusetzen. Nach 1990 vollzogen sich die politischen und
wirtschaftlichen Umwälzungen friedlich. Die Demokratie konnte sich relativ
schnell in der Mongolei durchsetzen.
Anlässlich des diesjährigen Verfassungstages werden wir mit in Deutschland
lebenden mongolischen Staatsbürgern in der Botschaft über die aktuelle Lage in
der Mongolei und über Verbesserungsvorschläge diskutieren und natürlich auch
Wissen über die Geschichte der Verfassungen und des Landes vermitteln.
Mongolische Botschaft in Berlin-Pankow
Wie haben sich die Beziehungen zwischen der
Mongolei und Deutschland in den letzten beiden Jahren entwickelt? Was werten
Sie als größte Erfolge Ihrer bisherigen Amtszeit?
Ich freue mich über die vortrefflichen
Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern.
Seit 2006 bezeichnen unsere Regierungen die Beziehungen zwischen der Mongolei
und Deutschland als „umfassende Partnerschaft".
Dies wurde während der außenpolitischen Konsultationen im Oktober in Berlin
bestätigt.
Der Präsident und der Vorsitzende unserer Parlamente haben sich gegenseitige
Besuche abgestattet.
Unsere Beziehungen beruhen auf Freundschaft und gegenseitigem Nutzen.
Keine Probleme gibt es in den politischen Beziehungen.
In der Wirtschaft wollen wir in Zukunft enger zusammenarbeiten.
Gerade im Bergbau gibt es dafür ein großes Potenzial. Deutschland verfügt über
modernste Technologien, z. B. bei der Rekultivierung aufgelassener Böden.
2007 besuchte zum ersten Mal ein deutscher Wirtschaftsminister die Mongolei,
2008 wird erneut eine hochrangige Wirtschaftsdelegation in der Mongolei
erwartet.
Ein Ergebnis der ersten Wirtschafts - Regierungskonsultationen ist die Bildung
einer Arbeitsgruppe, die die Ausweitung eines Engagements im mongolischen
Bergbau sondiert.
Wir sind auf dem besten Wege, deutsche Unternehmer zu überzeugen, dass eine
Tätigkeit in der Mongolei durchaus attraktiv sein kann. Die Zahl der
Interessenten steigt zwar langsam, aber sie steigt.
Die deutsche Wirtschaft war über Möglichkeiten in der Mongolei nur
unzureichend informiert. Wir haben die Firmen direkt angesprochen und
Informationsmaterial verschickt.
Vor wenigen Tagen war ich Gast in Erfurt. Wir sind daran interessiert, unsere
Kontakte auch zum Land Thüringen auszubauen.
Die Fotoausstellung „Bilder aus der Ferne" (sh. auch „Neues aus der Mongolei
vom 03. bis zum 09. September 2007), die bis vor wenigen Tagen in Erfurt zu
sehen und sehr gut besucht war, ist jetzt in einer Privatgalerie in Eisenach
zu sehen.
Wie hat Ihre Familie auf den Umzug nach
Deutschland reagiert?
Unsere Kinder Sara und Misheel studierten
bereits in Deutschland und hatten sich gut eingelebt.
Für meine Frau Chimeg war es etwas schwieriger. Sie musste eine
verantwortungsvolle Tätigkeit in Ulaanbaatar aufgeben.
Doch das Interesse war groß. Wir haben beide in Deutschland studiert, kennen
das Land.
Berlin ist eine der lebendigsten Städte Europas, kulturell sehr vielfältig.
Wir sind sehr froh, hier zu sein.
Herr Botschafter, wir danken Ihnen für das Gespräch.
V. l. Botschafter Fischer, Vorsitzender des Verfassungsgerichts Byambadorj,
HSS-Repräsentantin Sarantuya, Präsident Enkhbayar, Dr. Gepperth. Foto K. Bormann
Deutsch-Mongolische Zusammenarbeit im Rechtswesen
Am 19. November wurden in Ulaanbaatar die
neuen Räume der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in einem Neubau in der Nähe der
Kunsthochschule feierlich eingeweiht.
Prof. Dr. Ts. Sarantuya, Hochschullehrerin, Mitglied des Verfassungsgerichts und
Repräsentantin der HSS in der Mongolei konnte neben Präsident Nambaryn Enkhbayar
und den Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, Prof. Byambadorj, den deutschen
Botschafter, Pius Fischer, die Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), des
DAAD sowie anderer mongolischer und deutscher Behörden und Organisationen
begrüßen.
In ihren Reden schätzten Präsident Enkhbayar und Dr. Dr. h. c. Rainer B.
Gepperth (HSS, Institut für Internationale Begegnungen und Zusammenarbeit) die
Ergebnisse der deutsch-mongolischen Zusammenarbeit bei der Reformierung des
Justizwesens in der Mongolei als außerordentlich nützlich ein. Enkhbayar
versprach, alles dafür zu tun, dass die sehr erfolgreiche Arbeit der Stiftung,
gerade bei der Aus- und Weiterbildung der Angestellten im Justizwesen, bei der
Beratung und Aufklärung der Bevölkerung in konkreten Rechtsfragen und bei der
Umsetzung und Kontrolle der Rechtsbestimmungen fortgesetzt werden kann.
Zum Abschluss der Veranstaltung stellten sich die „Die Steppenmädchen" einmal
mehr mit Liedern, Tänzen und Akrobatik vor und konnten sich über viel Beifall
freuen.
45 Jahre deutsch-mongolische Zusammenarbeit in
Geologie und Bergbau
Mit einem Rundtischgespräch und einer
wissenschaftlichen Konferenz am 05. und 06. November in Ulaanbaatar begingen
Mongolen und Deutsche den 45. Jahrestag ihrer Zusammenarbeit in Geologie und
Bergbau.
Die deutsche Delegation wurde von Dr. F. Schwartz, Abteilungsleiter Europa und
Asien-Pazifik der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
geleitet.
L. Bold, der Leiter des Amtes für mineralische Rohstoffe und Erdöl, lobte beim
Rundtischgespräch „Tradition und neue Möglichkeiten für die deutsch-mongolische
Zusammenarbeit im Bereich Geologie und Bergbau" den Beitrag der deutschen
Geologen bei der Entwicklung des Bergbau- und Geologiesektors in der Mongolei.
Seit 1990 wurde die Zusammenarbeit ausgedehnt. Die Deutschen leisteten und
leisten Unterstützung bei der Einrichtung des Zentrallabors für Geologie, bei
der Erforschung nichtmetallischer Ressourcen und beim Schutz der natürlichen
Reichtümer des Landes.
Die Mongolen hoffen auf deutsche Unterstützung bei der Kohleverflüssigung. Erste
Absprachen dazu wurden bereits getroffen.
Am 07. November hatten die Delegationsmitglieder die Möglichkeit, die Goldmine „Boroo
Gold" im Zentralaimag zu besichtigen.
Übrigens: Die kürzlich erfolgte Suspendierung Bolds wurde vom Ministerpräsidenten nicht akzeptiert und aufgehoben. R. B.
Begrüßung eines Staatsgastes vor dem Regierungspalast in Ulaanbaatar
Mongolische Armeemusiker beim 13. Berliner
Militärmusikfest
Erinnern Sie sich? Am 01. November waren 40
Mitglieder des Musikensembles des Generalstabes der Mongolischen Armee nach
Deutschland gereist.
Damit folgten sie einer Einladung zum 13. Berliner Militärmusikfest am 03. und
04. November in der Max-Schmeling-Halle.
Musiker aus neun Ländern, darunter Indien, Großbritannien, Schweden und
Österreich, wetteiferten um die Gunst des Publikums.
Die Mongolen brillierten nicht nur mit traditioneller mongolischer Militärmusik
in exakter Exerzierformation, sondern gefielen auch mit ihren Darbietungen von
Big Band-Klängen.
Nach ihren Auftritten in Berlin und Köln spielen die Musiker längst wieder zu
Hause.
Sie sind bei den Begrüßungen ausländischer Staatsgäste und bei den
Akkreditierungen der neuen Botschafter dabei, spielen zu den Staatsfeiertagen
und bei Musikfesten auf.
Auch im Winter sind sie mit ihren rotblauen Paradeuniformen auf dem
Sukhbaatarplatz oder vor dem Regierungspalast im Einsatz.
Lesen Sie am 16.12. u. a. einen Beitrag über die Regierungsbildung und das Novembersumoturnier. R. B.
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Last Update: 12. Januar 2025