Mongoleinachrichten April 2020

Renate Bormann, Berlin


Endlich Frühling

 


Eröffnung der Frühjahrssitzungen 2020. Foto parliament.mn

Eröffnung der Frühjahrssitzungen der Großen Staatsversammlung
Am 06. April, pünktlich um 12:00 Uhr, eröffnete der Vorsitzende G. Zandanshatar die Frühjahrssitzungsperiode der Großen Staatsversammlung.
70 Prozent der Mitglieder nahmen teil und zwar per Video, die Abgeordneten saßen in fünf Sälen im Regierungspalast.
Präsident Kh. Battulga erneuerte seinen Vorschlag, die Wahlen am 24. Juni zu verschieben.
Die MVP sieht bisher keine Notwendigkeit, die Wahlen zu verschieben.

Verlängerung des Erhöhten Bereitschaftszustandes bis zum 31. Mai 2020
Auf der Sitzung der Staatlichen Notfallkommission am 28. April wurde die Verlängerung des erhöhten Bereitschaftszustandes (undurjuulsen belen baidal) bis zum 31. Mai 2020 beschlossen.
Die Schulen und Kindergärten bleiben bis zum 01. September geschlossen
Nach dem Beschluss der Notfallkommission und der Regierung vom 10. März sind bisher 4.300 mongolische Staatsbürger aus dem Ausland in die Heimat geflogen worden.
Insgesamt haben 9.900 Bürger einen Antrag auf Rückholung gestellt.
Am 30. April startete erneut eine MIAT-Maschine nach Seoul, um 273 überwiegend mongolische Staatsbürger aus sieben Ländern in die Mongolei zu bringen, am 01. Mai ist ebenfalls ein „Rückholflug" nach Seoul geplant.
Am 02. Mai bringt die MIAT aus Frankfurt/Main 263 mongolische Staatsbürger aus 13 Ländern zurück in die Heimat.
Mit Stand vom 30. April waren in der Mongolei 38 Personen positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden, alle waren aus dem Ausland eingereist, darunter vier Ausländer.
Die Situation werde auch für die Behörden in der Mongolei immer schwieriger.
Vor der mongolischen Botschaft in Südkorea sei es zu Tumulten gekommen, da mehr Menschen zurück wollen, als Plätze vorhanden seien.
Mongolen im Ausland berichten von Anfeindungen, vor allem in den USA, Studenten würden ihre Internatsplätze verlieren, in Geschäften nicht bedient werden…
Wie überall auf der Welt hat die Corona-Pandemie große Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in der Mongolei.
Die Arbeitslosigkeit steigt, ebenso Alkoholmissbrauch und Gewalt in den Familien.
Verleumdungen, Gerüchte, Verschwörungstheorien werden über die sozialen Netzwerke verbreitet (Z. B. soll sich der Arzt, der den ersten Infizierten in der Mongolei, einen Franzosen, behandelt hat, bei ihm mit dem Virus angesteckt haben. Nichts davon sei wahr, stellten die Krankenhausmitarbeiter und der Arzt selbst klar.
Im Übrigen werde der französische Staatsbürger am 01. Mai in seine Heimat zurückkehren.
Regierung und alle Verantwortlichen bemühen sich um eine Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Krise: die Frist für Kreditrückzahlungen wurde verlängert, Zinsen gesenkt, Betriebe müssen für eine bestimmte Zeit nur eingeschränkt Steuern zahlen.
Südkorea und China haben der Mongolei günstige Kredite gewährt.

Wahlen und Covid-19
Regierung und MVP halten am Termin für die Wahlen zur Großen Staatsversammlung am 24. Juni 2020 fest.
Präsident und andere politische Parteien hatten eine Verschiebung vorgeschlagen, um die finanziellen Mittel im Kampf gegen Covid-19 einsetzen zu können und um mögliche Ansteckungen zu verhindern.
Regierung, Nationaler Sicherheitsrat und Staatliche Notfallkommission würden intensiv beraten, wie die Wahlen sicher durchgeführt werden können, dabei seien die unterschiedlichen lokalen Bedingungen zu berücksichtigen.
(In Ulaanbaatar und allen Aimags befänden sich Bürger in häuslicher oder zentraler Quarantäne, fliegende Wahlurnen seien diesmal keine Option …).
Jedenfalls müssten den Kandidaten Möglichkeiten, sich ihren potenziellen Wählern vorzustellen, eingeräumt werden. Demokratische Rechte dürften nicht geopfert werden.
Mediziner äußern indessen Befürchtungen, dass die mongolische Wirtschaft und das Gesundheitswesen zu schwach seien sowie die Zahl der Ärzte und Ärztinnen sowie des Pflegepersonals nicht ausreichten, um einem Ausbruch der Krankheit im Inland wirksam entgegen treten zu können.
Eine Intensivbehandlung koste 2,9 Millionen Tugrug, nur 200.000 davon wären durch die staatliche Krankenversicherung gedeckt.
Zudem würden fast täglich neue Erkenntnisse über Sars CoV-2 gewonnen. Dachte man zunächst, Kinder und junge Erwachsene seien kaum gefährdet, ändere sich diese Annahme aufgrund immer detaillierterer Untersuchungen.
Gerade in der Mongolei läge das Durchschnittsalter der Infizierten bei 25 Jahren.

208 unabhängige Kandidaten bewerben sich um einen Sitz in der Großen Staatsversammlung
Bis Mitternacht am 24. April hatten auch unabhängige Kandidaten die Möglichkeit, ihre Bewerbung für einen Sitz in der Staatsversammlung anzumelden.
Von den Teilnehmern an den bisherigen sieben Wahlen zur Großen Staatsversammlung hatten von den jeweiligen unabhängigen Kandidaten nur maximal drei Erfolg.

  • 1992: 18 Unabhängige, 1 Mandat

  • 1996: 35 Unabhängige, 1 Mandat

  • 2000: 15 Unabhängige, 3 Mandate

  • 2004: 27 Unabhängige, 1 Mandat

  • 2008: 45 Unabhängige, 1 Mandat

  • 2012: 26 Unabhängige, 3 Mandate

  • 2016: 69 Unabhängige, 1 Mandat.

Die Wahlen finden wie vorgesehen am 24. Juni 2020 statt.

Übergabe der Teilnahmeurkunden
Am 30. April und am 01. Mai übergeben die Mitglieder der Zentralen Wahlkommission an die 15 Parteien und vier Wahlbündnisse, die sich am 24. Juni dem Votum der Wähler stellen wollen, die Teilnahmeurkunden.
Bei den 7. Wahlen zur Staatsversammlung im Jahr 2026 errang die MVP 65, die DP neun Mandate, die MRVP 1 Mandat, ein Unabhängiger schaffte es ins Parlament, der Folkloresänger Javkhlan, der sich auch diesmal wieder zur Wahl stellt.
Von den ursprünglich neun DP-Mitgliedern der Staatsversammlung mussten zwei (J. Batzandan und L. Bold) die Partei verlassen, inzwischen haben sie eine neue Partei gegründet und für die Wahlen ein Bündnis aus Parteien und NGOs.
Prominente DP-Mitglieder bzw. ehemalige Mitglieder wie E. Bat-Uul, B. Delgermaa und N. Altankhuyag wollen sich als unabhängige Kandidaten an den Wahlen beteiligen.
Insgesamt haben 208 ihre Programme eingereicht. Bis zum 21. Mai muss das Prüfamt die eingereichten Dokumente nach Sichtung und Wertung an die Wahlkommission übergeben.

Covid-19- Spezialtraining
Die Nationale Agentur für Krisenmanagement hat ein spezielles Training zur Vorbereitung und zur Bereitschaft im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie angekündigt.
Die Übungen werden vom 06. bis zum 08. Mai zwischen 08:00 und 16:00 Uhr im Chingeltei-Duureg in Ulaanbaatar abgehalten.
Im Stadtbezirk leben 200.000 Menschen.
Sie wurden aufgefordert, während dieser Zeit ihre Wohnungen bzw. Gers nicht zu verlassen, der öffentliche Nahverkehr werde eingestellt.

Neuer Botschafter für China nominiert
Generalmajor T. Badral, Chef der Nationalen Krisenmanagement-Agentur, ist als künftiger Botschafter für China nominiert worden.
Die Entscheidung war auf der Regierungssitzung am 29. April getroffen worden, sie muss noch in der Staatsversammlung diskutiert und letztendlich von Präsident Kh. Battulga bestätigt werden.
Badral, geboren 1966, studierte von 1984 bis 1988 in Moskau am Militärinstitut und Romanistik an der Mongolischen Staatsuniversität in Ulaanbaatar.
Seit 2015 leitete er die Krisenmanagement-Agentur.

Grundsteinlegung für Kinderkrankenhaus
Am 30. April wurde der Grundstein für eine 50-Betten-Kinderklinik beim Zweiten Staatlichen Krankenhaus in Ulaanbaatar gelegt.
Bei der Zeremonie anwesend waren Gesundheitsministerin D. Sarangerel, der Botschafter der VR China Chai Wenrui sowie der stellvertretende Minister für Bildung, Kultur, Wissenschaft und Sport G. Ganbayar.
Das Krankenhaus, das mit Hilfe der chinesischen Stiftung für Frieden und Entwicklung errichtet wird, soll am 01. September eröffnet werden.
Jährlich können 18.000 Patienten ambulant und 2.000 stationär behandelt werden.


Mitte D. Erdenebat, rechts O. Baasankhuu. Foto news.mn

Baasankhuu tritt in DP ein
Auf der Sitzung der DP-Parlamentariergruppe am 27. April informierte der Vorsitzende D. Erdenebat darüber, dass das Mitglied der Großen Staatsversammlung (für die MRVP) O. Baasankhuu in die DP aufgenommen worden sei.
Baasankhuu lag schon lange im Streit mit seiner Partei, vor allem mit dem Gründer N. Enkhbayar (vormals Kulturminister, Ministerpräsident, Vorsitzender der Staatsversammlung, Staatspräsident).

Kommunalwahlen 2020
Die Stadtverordnetenversammlung von Ulaanbaatar hat für die Wahlen im Oktober 2020 23 Wahlkreise festgelegt.
In den neun Stadtbezirken (Duureg) können entsprechend ihrer Bevölkerungszahl zwischen 1 und zehn Mandate vergeben werden. (Bayangol 6, Bayanzurkh 10, Kann-Uul 6, Chingeltei 4, Songinokhairkhan 10, Sukhbaatar 4, Baganuur 2. Bagakhangai 1, Nalaikh 2).
In Ulaanbaatar leben aktuell 1.432.000 Menschen.

Rangliste der Pressefreiheit 2020
Am 21. April hat Reporter-ohne Grenzen die Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht.
Danach liegt die Mongolei auf Platz 73 von 180 Ländern, drei Plätze schlechter als im vergangenen Jahr.
Kritisiert wird die Mongolei für die Intransparenz bei den Eigentumsverhältnissen der Medien.
Während es in Ulaanbaatar mehrere unabhängige Medien gäbe, dominiere auf dem Land der Nationale Fernseh- und Rundfunk, auch der Internetzugang sei hier begrenzt.
Kritische Journalisten würden regelmäßig mit Verleumdungsklagen überzogen, außerdem verdienen sie nur wenig.


Saiga-Antilope. Foto dnn.mn

5.070 Saiga-Antilopen in der Mongolei gezählt
In einem Interview mit „Montsame", der mongolischen Nachrichtenagentur, informierte der Mitarbeiter des IWF Mongolei Dr. B. Gantulga, dass die aktuelle Zählung der Saiga-Antilopen auf mongolischem Territorium einen Bestand von 5.070 Tieren ergeben hätte.
Die meisten Tiere lebten in den Aimags Gobi-Altai und Khovd.
Die Jagd auf die Saiga-Antilope ist in der Mongolei seit den 1930-er Jahren verboten, trotzdem nahm ihr Bestand zeitweise dramatisch ab. Infolge des Zuds in den Jahren 2001 und 2002 sank er auf 750 Tiere, stieg dann zwischen 2010 und 2012 auf 8.000 Tiere und 2014 auf 15.000 an. Viehseuchen und Sommertrockenheit dezimierten den Bestand zwischen 2016 und 2017 auf 5.000.
Während der vier Tage andauernden Schneestürme Anfang 2018 verendeten weitere 2.000 Tiere.
Aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen im vergangenen Jahr sei die Zahl der Saiga-Antilopen in der Mongolei auf 5.070 gestiegen.
Die Tiere spielten eine bedeutende Rolle für die Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts in ihren Siedlungsräumen.

L. Tudev gestorben
Der bekannte mongolische Schriftsteller und Publizist Londongiin Tudev ist am 13. April 2020 im Alter von 85 Jahren gestorben.
Geboren 1935 in einer Viehhalterfamilie im Gobi-Altai-Aimag, studierte er zunächst an der Mongolischen Staatsuniversität, von 1964 bis 1967 in Moskau.
Nach dem Studium arbeitete er als Lehrer in seinem Heimataimag, ehe er zum Chefredakteur der „Unen", Zentralorgan der MRVP (heute MVP) avancierte.
Seit 1962 war er Herausgeber der Zeitschrift „Soyol Utga Sokhiol" (Kultur und Literatur).
Nach seinen dreijährigen Studien an der AdW der UdSSR arbeitete er im ZK der MRVP.
1968 wurde er stellvertretender Chef des Mongolischen Schriftstellerverbandes, 1974 Direktor.
Sein erstes Buch (1970) trug den Titel „Hallo, Kinder", zuvor, 1968 war seine Erzählung „Vieh ist Vieh" erschienen, aufgenommen auch in den Band „Erkundungen" des Verlags Volk und Welt – Berlin, ins Deutsche übersetzt von Dr. R. Bauwe.
Seine Werke wurden ins Russische, Englische, Bulgarische, Tschechische, Ungarische, Holländische und Japanische übersetzt.


Das Chinggis-Khaan-Museum soll 2021 eröffnet werden. Foto gogo.mn

Grundsteinlegung für Chinggis-Khaan-Museum
An der feierlichen Grundsteinlegung für das Chinggis-Khaan-Museum am 02. April nahmen prominente Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur teil, darunter der Regierende Bürgermeister von Ulaanbaatar S. Amarsaikhan und der erste mongolische Staatspräsident P. Ochirbat.
Ministerpräsident U. Khurelsukh betonte in seiner Rede die besondere Bedeutung dieses Tages für die Bewahrung des kulturellen, politischen und religiösen Erbes der Mongolen.
Im Museum würden Zeugnisse der Geschichte vom „ersten mongolischen Staat" unter Modun über das mongolische Großreich bis zum 20. Jahrhundert präsentiert.
Ausgestellt würden nicht nur archäologische und sonstige Funde aus der Mongolei, sondern auch mongolische Kunst- und Kulturschätze, die sich in verschiedenen Ländern dieser Welt befänden.
Leider seien durch die Bombardierung der irakischen Hauptstadt und die Zerstörung des Nationalmuseums in Bagdad auch viele Zeugnisse der mongolischen Geschichte und Kultur verloren gegangen.
Bei der Präsentation seiner Schätze verlassen sich die Museumsmitarbeiter nicht nur auf klassische Formen wie Glasvitrinen u. ä. nein, es würden modernste Techniken (virtuelle Rundgänge etc.) verwendet.
Ab der dritten Etage des Neubaus beginnen die Säle mit den Exponaten, in der neunten Etage werde ein Chinggis-Khaan-Ehrenger aufgestellt werden.


Grundsteinlegung Chinggis-Khaan-Museum. Foto gov.mn

„The Hu" in Australien
Die international außerordentlich erfolgreiche mongolische Band „The Hu" ist in Australien vom Ausbruch der Coronakrise überrascht worden.
Zudem konnte sie nach der Quarantäne in Australien nicht zurück in die Mongolei, da die alle internationalen Flüge gestoppt hatte, das Geld werde knapp.
Der Produzent der Gruppe hielt sich in der Türkei auf und gelangte mit einer der Charterflugzeuge der Regierung zurück in die Mongolei.
Inzwischen haben „The Hu" bei der mongolischen Botschaft in Sydney einen Antrag auf Rückholung gestellt.

 


Anfang Mai. Selenge-Aimag

 

 


Frühling in der Mongolei

 

 

Fotos, wenn nichts anderes vermerkt, Renate Bormann



 
 

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