Mongoleinachrichten November 2020

Renate Bormann, Berlin

 


Überraschend reichlicher Schneefall am 25. November in Ulaanbaatar. Foto Privat

Staatshaushalt 2021
Nach der dritten und vierten Lesung des Haushaltsgesetzes 2021 am 13. November stimmten 85,5 Prozent der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder der Großen Staatsversammlung für das Gesetz.
Erwartet werden Einnahmen in Höhe von 11,8 Billionen Tugrug oder 27,9 Prozent des BIP, die geplanten Ausgaben belaufen sich auf 13,9 Billionen oder 30 % des BIP.
Bis zum Ende des Jahres werden für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr (1,2 Millionen) monatlich 100.000 Tugrug ausgezahlt.
864 Milliarden Tugrug sind im Staatshaushalt eingeplant, um das erhöhte Kindergeld zunächst bis Mitte des kommenden Jahres zahlen zu können.
Außerdem sind im Staatshaushaltsplan 2021 530 Milliarden Tugrug für Sozialleistungen vorgesehen.

Präsidentenveto gegen Staatshaushalt 2021
Präsident Kh. Battulga hat gegen das „Gesetz über den Staatshaushalt 2021" sowie die damit verbundenen Gesetze sein Veto eingelegt.
Es war am 13. November von der Staatsversammlung beschlossen worden.
Der Präsident begründet sein Veto mit der ungenügenden Berücksichtigung der durch Covid-19 entstandenen schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage, nicht nur in der Mongolei, sondern weltweit.
(Finanzierung des Impfstoffankaufs, Kreditaufnahmemöglichkeiten, internationale Hilfe, auf die man sich zu sehr verlasse).
Die Staatsausgaben sollten um 20 % reduziert werden, dafür ein Risikofonds zur Überwindung der Krise eingerichtet werden.
Den Familien sollten eine Million Tugrug an finanzieller Unterstützung gewährt werden, davon 200.000 in bar, 800.000 in Form von Talons zum Erwerb einheimischer Produkte (Alkohol, Zigaretten ausgenommen).
Ein konkreter Betrag sollte für den Ankauf von Impfstoffen ausgewiesen werden, kleine und mittlere Betriebe sowie Dienstleistungsbetriebe stärker unterstützt werden.

Parteitag verschoben
Ursprünglich sollte der X. Parteitag der DP am 16. November stattfinden.
Geplant waren die Wahl eines neuen Vorsitzenden und die Annahme eines neuen Statuts.
Wegen der Coronakrise wurde der Partei auf unbestimmte Zeit verschoben.
Nach dem Rücktritt von S. Erdene führ Ts. Tuvaan die Partei kommissarisch und offenbar nicht schlecht. Bei den Kommunalwahlen konnte die DP Achtungserfolge erzielen und stellt in acht Aimags die Mehrheit in den Bürgerversammlungen.
2016 hatte sie lediglich den Zavkhan-Aimag gewonnen.
In Ulaanbaatar seien die Wahlen manipuliert worden. Die Parteiführung hat Klagen vor Gericht angekündigt.

Erhöhter Bereitschaftszustand – Tier 2
Am 11. November hat die Regierung einen zunächst auf fünf Tage befristeten Erhöhten Bereitschaftszustand – Stufe 2 beschlossen.
Der strenge Lock down erlaubte lediglich die Öffnung von Lebensmittelgeschäften, Tankstellen, Krankenhäusern, Apotheken, Medienredaktionen, gestattet waren zudem Beisetzungen.
Die Menschen sollten ihre Wohnungen nur für absolut notwendige Besorgungen verlassen.
Ya. Sodbaatar, Vorsitzender der Staatlichen Notfallkommission konnte nicht ausschließen, dass die Quarantänebestimmungen auch über den 01. Dezember in Kraft bleiben.


Foto PA des Minist. f. Ges. der Mongolei

Covid-19
Das Infektionsgeschehen im Land führte dazu, dass die MIAT ihre Sonderflüge vorerst eingestellt hat.
Damit verschärft sich die Situation der Mongolen im Ausland weiter. Sie verlieren ihre Arbeit, können ihre Miete nicht mehr zahlen…
In 28 europäischen Ländern haben 200 Menschen den Wunsch geäußert, in die Mongolei zurückzukehren. Allein in Schweden beträfe das 50 Mongolinnen und Mongolen.
Ihre Flüge haben sie zum Teil schon bezahlt.
Mit Stand vom 28. November sind in der Mongolei 760 mit Sars-CoV-2 infizierte Personen registriert, 347 sind genesen, 254 werden im Nationalen Zentrum für Infektionskrankheiten behandelt, 152 im Zentralen Militärkrankenhaus.
323 Patienten weisen nur leichte Symptome aus, 73, mittelschwere, acht schwere und zwei sehr schwere.
Sieben Personen sind auf eigenen Wunsch in ihre Heimat zurückgekehrt, heißt es in den Mitteilungen der Gesundheitsbehörden.
Der Minister für Bildung und Wissenschaft L. Tsedevsuren kündigte Schulferien vom 18. Dezember 2020 bis zum 01. Februar 2021 an.
Sollte sich die Lage weiter verschlechtern, müsste wieder in den Fernunterricht gewechselt werden.
https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/mongoleisicherheit/222842


Foto zasag.mn

Neue Kliniken
Am 26. November haben sich der stellvertretende Ministerpräsident und Vorsitzender der Staatlichen Notfallkommission Ya. Sodbaatar sowie Gesundheitsminister T. Munkhsaikhan vom erfolgreichen Abschluss Bauarbeiten am Nationalen Zentrum für Mutter-und-Kind-Gesundheit 2 im Stadtbezirk Khan-Uul und am Krankenhaus im 21. Khoroo in Songinokhairkhan informiert.
Sollten die Betten im Nationalen Zentrum zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten und im Zentralen Militärkrankenhaus zur Behandlung von Covid-19-Patienten knapp werden, könnten die Patienten in die neuen medizinischen Einrichtungen verlegt werden. Zunächst stünden 500 Betten zur Verfügung, diese Zahl könnte auf 1.000 erhöht werden.
Medizinisches Personal sei in der Handhabung der benötigten medizinischen Geräte (Beatmung etc.) unterwiesen worden.

Rückreise aus Ulaanbaatar in die Heimataimags und umgekehrt ab dem 01. Dezember möglich
85.000 Bürger wollen aus Ulaanbaatar in die Aimags reisen, 5.300 vom Land in die Hauptstadt.
Der Erste Stellvertreter des Vorsitzenden der Katastrophenschutzbehörde General G. Ariunbuyan informierte über die Reisemöglichkeiten zwischen dem 01. und 10. Dezember.
Die logistischen Herausforderungen gelte es zu bewältigen.
Aufgrund des Erweiterten Bereitschaftszustandes und der von der Ulaanbaatar-Stadtverwaltung verhängten Quarantäne, waren viele Menschen gestrandet, ohne Möglichkeit, die Heimreise antreten zu können.
Per Zug, Bus oder Auto können die Menschen in 16 Aimags zurückkehren, in den ersten sieben Tagen ist eine Reise in die von der Pandemie besonders betroffenen Aimags Selenge, Darkhan-Uul, Gov’sumber und Orkhon nicht möglich.
Die Verkehrswege in den Südgobiaimag als Hauptexportregion werden ab dem 07.12. wieder geöffnet.

Coronatests für besonders Schutzbedürftige
Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums haben in sechs Stadtbezirken die Situation von 10.000 besonders schutzbedürftigen, armen Familien unter den Bedingungen der Coronakrise untersucht.
Gemeinsam mit den Gesundheitsämtern der Duuregs und des Sozialamtes der Hauptstadt wird nach und nach je ein Familienmitglied auf Sars-CoV-2 getestet und außerdem werden kostenlos Mund-und Nasenschutzmasken verteilt.

Virtuelles Mongolei-EU-Meeting
Die virtuelle Tagung des Unterausschusses Handel und Investitionen des Gemeinsamen Mongolei-EU-Ausschusses am 23. November diente dem Erfahrungsaustausch über die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Handelspolitik.
Diskutiert wurde die bilaterale Zusammenarbeit in Wirtschaft, Handel und Investment.
Außerdem wurde über die Vereinbarung zwischen der EU und der Mongolei hinsichtlich der Tier- und Pflanzengesundheit und über die Ausweitung der Kooperation im Rohstoffbereich beraten.
Über die Ergebnisse des Treffens werde auf der regulären Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses im Dezember per Videokonferenz berichtet.

Zusammenarbeit Deutschland – Mongolei
Im Mai 2020 hatte der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Gerd Müller ein neues Konzept für die internationale Entwicklungszusammenarbeit „BMZ 2030" vorgestellt.
Das sei ein wichtiger Reformschritt für das 21. Jh.
Von der Liste der 85 direkt geförderten Länder wurden 24 gestrichen, darunter auch die Mongolei. Sie habe eine positive Entwicklung genommen und gehöre inzwischen zu den Ländern mit Einkommen im unteren Mittel.
Im Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI) nähme sie einen vorderen Platz ein.
Andere Länder wurden wegen ungenügender Umsetzung der Vorgaben gestrichen. „Warum sollte man korrupte und die Demokratie verachtende Staaten unterstützen".
Notfallhilfe werde selbstverständlich fortgeführt.
In einer Videokonferenz in Ulaanbaatar und Berlin am 18. und 19. November besprachen beide Seiten die neue Ausrichtung der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern.
So werde der Schwerpunkt künftig in der Förderung der Zivilgesellschaft, der NGOs und politischen Stiftungen liegen.
Laufende Projekte würden zu Ende geführt. Für diese Projekte in den Bereichen nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Energieeffizienz und Biodiversität würden 22 Millionen Euro an technischer Hilfe bereitgestellt.
An der Spitze der mongolischen Delegation stand S. Narantsogt, Staatssekretär im Finanzministerium der Mongolei, die deutsche Delegation wurde angeführt von der Unterabteilungsleiterin Asien und Asienbeauftragte im BMZ Dr. Gisela Hammerschmidt

Deutsche Gebirgsjäger bilden mongolische Soldaten aus
25 Soldaten der Gebirgsjägerbrigade 23 haben vom 05. bis zum 30. Oktober die im Herbst 2019 begonnene Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten des neuaufgestellten mongolischen Gebirgsjägerbataillons 331 – Sicherung am Berg, Klettern, Bergrettung, Orientierung, gebirgsspezifisches Gefechts- und Schießtraining - fortgesetzt.
Diesmal nicht am Heimatstandort der Mongolen im Bayan-Ulgii-Aimag am Fuße des Altai, sondern in Terelj und am internationalen Ausbildungsstützpunkt in Tavan Tolgoi, 100 km von Ulaanbaatar entfernt.
Das Mobile Trainingsteam der Gebirgsjägerbrigade begleitet die Männer und Frauen des mongolischen Gebirgsjägerbataillons inzwischen zweimal im Jahr. Die Ausbildungseinheit im Sommer 2020 musste allerdings pandemiebedingt ausfallen.
Die Ausbildung nutze nicht nur den Mongolen, auch die Deutschen lernen von den Mongolen, z. B. das Fahren im schroffen Gelände, wie es in Deutschland nicht möglich wäre.
Beim Besuch im Trainingscamp am 20. Oktober überzeugten sich Präsident Kh. Battulga, der mongolische Verteidigungsminister G. Saikhanbayar und der deutsche Botschafter in der Mongolei Jörn Rosenberg höchstpersönlich vom erfolgreichen Verlauf des Trainings.
Das Ausbildungsprogramm ist für drei Jahre bis 2022 geplant.
Meldungen in deutschen Medien, wonach die Rückkehr der deutschen Soldaten in die Heimat aufgrund der Covid-19-Infektion eines Soldaten verschoben werden musste, widersprach das mongolische Verteidigungsministerium.
Einer der Piloten des Flugzeugs, mit dem die Deutschen zurückfliegen wollten, sei positiv getestet worden, daraufhin sei die Maschine zurückgeflogen worden. Nach 14 Tagen konnten die Gebirgsjäger schließlich den Heimflug antreten.
Die traditionell gute deutsch-mongolische Zusammenarbeit auch im Verteidigungsbereich betonten Botschafter Rosenberg und Verteidigungsminister G. Saikhanbayar bei einem Treffen im August 2020.
Am 12. August hatte der Botschafter 20 mobile Beatmungsgeräte, Medikamente und Schutzausrüstungen im Wert von einer Million Euro für die Behandlung von Covid-19-Patienten an den Verteidigungsminister übergeben.
Die Mittel stammten aus dem Bundesministerium für Verteidigung.

96. Jahrestag der Proklamierung des mongolischen Staates
Am 26. November begehen die Mongolen den Tag der Verabschiedung ihrer Ersten Verfassung und der Proklamation der Mongolischen Volksrepublik (MVR).
Seit 2016 ist der Tag wieder ein offizieller, arbeitsfreier Feiertag und wird traditionell mit Volksfesten, Konzerten, Estradenprogrammen und einem Ringerturnier gefeiert.
In diesem Jahr fiel wegen der Covid-19-Pandemie und der verfügten strengen Quarantänebestimmungen alles aus
Am 08. September 1924 begann die Tagung der Ersten Großen Staatsversammlung in Niislel Khuree (heute Ulaanbaatar). Von den 90 Delegierten aus den vier Khalkh-Aimags, aus den beiden Durvud (Durbeten)-Aimags, aus den Khoshuus Altai und Khuvsgul-Uriankhai, aus Dariganga, aus dem Tariachin-Khoshuu Khovd und der Volksarmee nahmen 77 tatsächlich teil.
Am 26. November verabschiedeten sie die Erste Verfassung der Mongolei, gleichzeitig ist es der Tag der Proklamierung der MVR.


Chinggis-Khaan-Denkmal auf dem Sukhbaatarplatz

„Tag des Stolzes"
In diesem Jahr wurde Chinggis-Khaans Geburtstag oder der „Tag des Stolzes" am 16. November begangen.
Der arbeitsfreie Feiertag geht auf einen Erlass von Präsident Ts. Elbegdorj aus dem Jahr 2012 zurück.
Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Akademiemitglied Sh. Bira, D. Tserensodnom, S. Chuluun und D. Bazarguur sowie fünf weiteren Wissenschaftlern bestimmten nach zweijährigen Studien der historischen Quellen, insonderheit der „Geheimen Geschichte" und nach Auswertung von Klima- und Geografieforschungen den ersten Tag des ersten Wintermonats im Jahr des schwarzen Wasser-Pferdes (1162) als Geburtstag des Staatsgründers.
Als Geburtsort wurde Deluun Boldog am Zusammenfluss von Onon und Balj im Dadal-Sum des Khentii-Aimags identifiziert.
Der erste Tag des ersten Wintermonats fällt in jedem Jahr auf einen anderen Tag im Sonnenkalender. 2012 war es 14.11., 2018 der 12.11.
Zuvor galt der 16. Tag des mittleren Sommermonats des Pferdejahres als Geburtstermin.
1962 wurde der 800. Geburtstag, 2002 der 840. Geburtstag noch im mittleren Sommermonat begangen.
Anlässlich des Geburtstages wird jedes Jahr eine Persönlichkeit, die sich um die wirtschaftliche, kulturelle Entwicklung der Mongolei, um die Bewahrung des kulturellen Erbes verdient gemacht hat.
2019 war der Orden an die Musikgruppe „The Hu" verliehen worden.
Die Ordensträger haben das Recht, den Präsidenten auf Auslandsreisen zu begleiten.


Foto: Eulenspiegel Verlagsgruppe

„Im Jahr des Roten Affen – Ein Nomade zwischen Jurte und Brandenburger Tor"
„Ein Bröckchen der Berliner Mauer bewahre ich heute noch". Dendeviin Terbishdagva, geboren 1956, im Jahr des Roten Affen nach dem Mondkalender, wuchs fern von Ulaanbaatar in einer Nomadenfamilie auf.
Ein hervorragender Schüler, wurde er zum Studium der Lebensmitteltechnologie an die Berliner Humboldt-Universität delegiert, um danach im Fleischkombinat der mongolischen Hauptstadt zu arbeiten.
1988 kehrte er in die DDR zurück und arbeitete als Dolmetscher und Übersetzer an der FDJ-Jugendhochschule in Bogensee.
Nach dem Fall der Mauer und den politischen und wirtschaftlichen Transformationen auch in der Mongolei, wurde er zum erfolgreichen Unternehmer, Politiker, Minister, Abgeordneten im Großen Staatskhural.
Von 2002 bis 2004 vertrat er die Mongolei als Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland.
In seinem Buch, erschienen am 20. November 2020 im Verlag Neues Leben, einem Imprint der Eulenspiegel-Verlagsgruppe, schildert Terbish, wie ihn seine Freunde nennen, diesen spannenden Lebensweg.
Das Leben der Nomaden ist geprägt von der sie umgebenden Natur, dem Ablauf der Jahreszeiten.
Der Weg des jungen Nomaden führte ihn erst in die eigene Hauptstadt, dann nach Deutschland und in die weite Welt.
Die politische Wende 1990 erlebt er in Berlin, sein Mauerstück hütet er im blauen Ehrenschal der Mongolen, dem Khadag.
In seinem Heimatland erlebt er hautnah die Schattenseiten der Marktwirtschaft: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert, die Mongolei werde als Rohstofflieferant ausgeplündert, die Parteien sind oft nur Tummelplätzen für Oligarchen.
https://www.youtube.com/watch?v=1a9_uuGR1us
ISBN 978-3-355-01897, Preis 24,- Euro

Fotos, wenn nichts anderes vermerkt, Renate Bormann



 
 

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