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Strafrecht, Strafverfahren, Strafvollzug

Herausgeber: Dr. Dietrich Nelle


Literaturhinweise
Nelle, Die Reform von Strafrecht, Strafprozess und Strafvollzug in der Mongolei, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (ZStW) 115 (2003), S. 405 - 442.

8.1 Strafrecht (Quelle: Nelle, Chronik der Rechtsentwicklung - Mongolei in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa (WiRO) 2002, S. 221-223)

Im materiellen Strafrecht (Töriin medeelel 2002, Nr. 5) ist die Reform vom Bemühen geprägt, auf der Basis strikter Rechtsstaatlichkeit das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung durch generalpräventive Strenge zu stärken sowie die Straftatbestände an die Wandlungen in der Gesellschaft anzupassen. Erheblich ausgebaut wurde der Allgemeine Teil, in welchem u.a. Rechtfertigungsgründe klar geregelt  und das traditionelle Instrumentarium an Strafen durch Regelungen zu vorbeugenden und erzieherischen Maßregeln ergänzt werden. Die zuvor heftig umstrittene Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung wird vor dem Hintergrund der im weltweiten Vergleich schon außerordentlich hohen Gefangenzahlen auch weiterhin beibehalten. Im Besonderen Teil werden neue Erscheinungsformen der Kriminalität z.B. im Wirtschafts- und Umweltbereich durch die Einfügung neuer Straftatbestände versucht zu erfassen wie etwa Geldwäsche, Verbreitung von Computerviren und betrügerischen Bankrott.  Für Terrorismus und organisierte Kriminalität wurde das Mindeststrafmaß auf jeweils 10 Jahre festgelegt. Anderseits werden die drakonischen Strafen für Vieh- und Energiediebstahl gelockert. Die lebenslängliche Haft wird in eine 25jährige Strafe umgewandelt.

(Quelle: Nelle, Chronik der Rechtsentwicklung - Mongolei in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa (WiRO) 2003, S. 191, 319)

Der Oberste Gerichtshof hat offizielle Kommentare zu Täterschafts- und Beteiligungsformen sowie zur Begriffsbestimmung der vorsätzlichen Tötung, der Steuerhinterziehung sowie des Schmuggels im Rahmen des Strafgesetzbuchs herausgegeben.

8.2 Strafprozess (Quelle: Nelle, Chronik der Rechtsentwicklung - Mongolei in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa (WiRO) 2002, S. 221-223)

In der neuen Strafprozessordnung (Töriin medeelel 2002, Nr. 7) wird weiterhin die kontinentaleuropäische Konzeption des Untersuchungsgrundsatzes zugrunde gelegt. Grosse Sorgfalt verwendet das Gesetz auf die Normierung rechtsstaatlicher Grundsätze im Ermittlungs- und Strafverfahren. So werden verfassungsrechtlich bereits weitgehend vor-gegebene Grundsätze wie das Verbot der Folter und der erniedrigenden Behandlung, die Unverletzlichkeit der Wohnung, der Grundsatz „in dubio pro reo“, das Verbot einer unsachlichen Diskriminierung, die Unabhängigkeit der Richter sowie der Grundsatz des gesetzlichen Richters auch in der Verfahrensordnung ausdrücklich festgeschrieben. Die Festnahme setzt grundsätzlichen einen richterlichen Haftbefehl voraus; bei Gefahr im Verzuge ist das Gericht spätestens innerhalb von 24 Stunden zu unterrichten. Innerhalb von maximal weiteren 48 Stunden hat das Gericht sodann über die Aufrechterhaltung der Haft zu entscheiden. Die Höchstdauer der Untersuchungshaft im Falle schwerer Delikte wurde von 36 auf 24 Monate (bei bestimmten Fällen schwerster Delikte bis zu 30 Monate) reduziert.

Nicht realisiert wurde das bei der Ausarbeitung des Gesetzes lange gehegte Vorhaben, nach deutschem Muster Schöffen einzuführen. Stattdessen bleibt es bei der Beteiligung sogenannter Bürgervertreter, deren Befugnisse sich künftig allerdings ähnlich wie im neuen Zivilverfahren auf das Recht beschränken, sich an der Verhandlung durch Fragen an Zeugen und Angeklagte zu beteiligen sowie Anträge zur Schuldfrage und zum Strafmaß zu stellen. In der Mehrzahl der Fälle ist erstinstanzlich ein Einzelrichter zuständig, in schwereren Fällen eine mit drei Berufsrichtern besetzte Kammer. In der Berufungsinstanz werden ebenfalls mit drei Berufsrichtern besetze Kammern tätig. Die dritte Instanz wurde, ähnlich wie im Zivilverfahren, von der überkommenen Kassation in eine echte Revision umgewandelt.

8.3 Strafvollstreckung (Quelle: Nelle, Chronik der Rechtsentwicklung - Mongolei in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa (WiRO) 2002, S.221-223)

Die Strafvollstreckung ist wiederum im - hinsichtlich seines zivilrechtlichen Gehalts bereits behandelten – Vollstreckungsgesetz (Töriin medeelel 2002, Nr. 8) geregelt. Der Vollstreckungsbehörde, welcher auch die Gerichtsvollzieher angehören, unterstehen auch die Vollzugsanstalten. Bei Gefangenenflucht genießen die Vollzugsbeamte gewisse polizeiliche Befugnisse. Die Aufsicht über den Strafvollzug führt weiterhin die – vom Justizministerium völlig unabhängige –  Staatsanwaltschaft. Das Vollzugsregime differenziert u.a. im Hinblick auf die Schwere der Tat, Rückfälligkeit, Gefährlichkeit,  Alter, Geschlecht des Täters usw.  Unter entsprechender Bewachung darf der Häftling Besuche von Familienangehörigen von bis zu 72 Stunden Dauer (die Gefängnisse verfügen hierfür über zu einem ortsüblichen Entgelt anmietbare Aufenthalts- und Übernachtungsmöglichkeiten), von anderen Personen Besuche von bis zu 3 Stunden Dauer empfangen. Für die Schulausbildung von Minderjährigen ist zu sorgen und berufliche Weiterbildung von anderen Häftlingen soll nach dem Prinzip der Freiwilligkeit ermöglicht werden. Trotz großem Engagement der Führung für einen modernen Strafvollzug ist der Handlungsspielraum entsprechend den geringen materiellen Möglichkeiten allerdings eng begrenzt. Bedauerlich ist, dass die Reform nicht genutzt werden konnte, um die bei den Polizeibehörden angesiedelte Untersuchungshaft in das vergleichsweise besser organisierte reguläre Strafvollstreckungswesen zu integrieren.

8.4 Internationale Übereinkommen (Quelle: Nelle, Chronik der Rechtsentwicklung - Mongolei in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa (WiRO) 2002, S. 287

Die Mongolei hat die Konvention zur Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert (Töriin medeelel 2002, Nr. 15). Sie gehört damit nicht nur zu den Gründungsmitgliedern der neuen Institution, sondern auch zu der Gruppe von Ländern, welche die Zahl der beigetretenen Länder über die für ein Inkrafttreten der Konvention erforderliche Marke von 60 Teilnehmerstaaten brachte.

Link:
Criminal Code of Mongolia 1 Sep 2002


   

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Last Update: 03. Januar 2021